Als ich im Jahre 2009 mit meinem damaligen Partner zusammen ein Haus in einem kleinen Dorf
an der Neiße erwarb, wusste ich nicht worauf ich mich eingelassen hatte. Es war April, vielleicht
lockte mich der wunderschöne alter Bauerngarten voller blühenden Vergissmeinnicht und
knallroter Pfingstrosen, die alten Obstbäume, natürlich aber dieses traumhafte Anwesen.
Wir sind Künstler und waren sehr glücklich, dass wir diese ca. 1890 erbaute Ausspanne, mit
großem Gastraum, Tanzdiele, Stallungen und Scheune bei einer Immobilienauktion zu einem
Minimalbetrag ersteigern konnten. Wir verbrachten den ersten Sommer mit verputzen und
streichen, schliffen die alten Holzböden, bauten eine biologische Kleinkläranlage, installierten
Strom und Wasser und machten den Ort mit der großen Unterstützung von Freunden
einzugsfertig. In der Dorfgemeinschaft wurden wir dankbar und aufs herzlichste aufgenommen und
wir waren von hilfsbereiten und freundlichen Nachbarn umgeben. Die Menschen haben sehr dazu
beigetragen, dass wir uns dort derart wohlfühlen konnten.
Der erste Winter kam und ich genoss auch diese Jahreszeit. Das Leben mit der Natur, die
unterschiedlichen Arbeiten, die die jeweiligen Temperaturen in Haus und Hof hervorbrachten,
haben den Alltag bestimmt und ich konnte Kraft und Inspiration daraus schöpfen.
Arbeitsbedingt unternahm ich viele kleinere Reisen und hielt mich zeitweise in nahegelegenen
Städten auf. Auch dadurch wurde mir bewußt, was mir dieser Platz in der Natur bedeutet und ich
kam immer wieder sehr dankbar in die Oberlausitz zurück.
Die großen Ateliers, Tiere, ausladende Feste und ausgedehnte Spaziergänge, die Ruhe und der
Wald, einfach dieser großer Freiraum machte diese Zeit zu einer der wichtigsten Erfahrungen in
meinem Leben.
Nun, nachdem mich mein Weg über Dresden, Berlin, Yogyakarta, Singapur und Brüssel nach New
York City führte, denke ich viel an die Neiße und hoffe, dass ich in Zukunft eine Möglichkeit finde,
zumindest zeitweise wieder dort leben und arbeiten zu können.
Aus den Erfahrungen, vor allem den Naturerfahrungen schöpfe ich bis heute.

Die Künstlerin Anna Leonhardt in ihrem Atelier in New York