Die „Geheime Welt von Turisede“ – die mal Kulturinsel Einsiedel hieß – ist ein Hotspot der Kreativität in der Oberlausitz
Bei Kreativität denkt man ja weniger an eine Einsiedelei, sondern viel mehr an Metropolen, an pulsierendes städtisches Leben voller Kulturangebote und das Ganze rund um die Uhr. Meine Erfahrung: Man kann in Berlin fantastisch Kultur konsumieren, sich inspirieren lassen und in verschiedenen kreativen Blasen baden. Für den eigenen kreativen Output mache ich lieber einen Spaziergang an der Neiße.
Das sagt auch die Hirnforschung: Kreativität entsteht in der Stille, in der Leere, in der Langeweile gar. Ein Blick in die Landschaft und der Kontakt zur Natur boosten unsere kreativen Fähigkeiten. Die besten Ideen entfalten sich in uns, wenn wir ihnen Raum geben und uns wenig ablenken lassen.
Genau in so einem Nichts und der Ruhe der wunderbaren Naturlandschaft der Oberlausitz, am Fuße des Zittauer Gebirges wuchs Jürgen Bergmann – der Schöpfer der „Geheimen Welt“ – in den 1950er/60er Jahren auf.
Die Eltern hatten eine Gärtnerei und rund um die Uhr zu tun, Fernsehen gab es natürlich auch noch nicht so richtig. Die Kinder trollten sich in der absoluten Freiheit damaliger Kindheit und mussten schauen, wie sie sich selbst unterhalten. Doch das war gar keine Frage, die sich ihnen stellte: Da gab es die Gärtnerei, Wälder, Flüsse, Bäche, das nahe Gebirge und in all dem die eigenen fantastischen Ideen. Mehr brauchte es nicht.
Träume sind schon immer die motivierenden Geschwister von Kreativität. Jürgen Bergmann träumte von Kentucky und Kanada. So baute er sich in den Zittauer Bergen ein eigenes Blockhaus und bewohnte eine Höhle. Diese von Phantasie überquellende Kinderwelt hat er nicht nur in seinem Herzen bewahrt, sondern macht sie heute für andere erlebbar.
Wie das geschah, hat wieder etwas mit leerem Raum zu tun, der Kreativität magisch anzieht. In den 1980er Jahren kam Jürgen Bergmann dort an, wo er mal der „Erbe des Volkes der Turisede“ werden sollte. 60 km die Neiße hinauf, irgendwo im Niemandsland zwischen Rothenburg O.L. und Görlitz, wo genau ein Haus und eine Scheune standen, er eine Forstlehre machte und er erst in dem Waldbauernhof wohnte und ihn dann kaufte. Mit dem Pferd ging es zur Post ins nächste Dorf. Einsiedel nannte er diesen Ort und seine Einsiedelei wollte er mit Kultur beleben. Er baute eine Galerie und ein Café im Blockhausstil: die Grundsteine der „Kulturinsel Einsiedel“ waren gelegt.
Mit der Kettensäge sägte er aber auch große verrückte Skulpturen „mit Spielwert“, die bald das Interesse verschiedener potentieller Käufer fanden. So entpuppte sich nach und nach die „Künstlerische Holzgestaltung Bergmann“, die bis zu 200 Arbeitsplätze schuf. Ein erstes Baumhaus hoch in den Wipfeln des Neißetales baute er für sich selbst.
Aus all dem wuchs über die Jahre – so organisch wie die Natur ringsherum – ein riesiger in die Landschaft gezauberter Spielplatz oder Abenteuerpark oder was-weiß-ich-nicht-was heran. Das, was man dort erleben kann, ist so unvergleichlich einzigartig und unbeschreiblich anders, dass die üblichen Begriffe es nicht treffen wollen.
Hier können nicht nur Kinder tief in 100% analoge, stromlose Welt des Volkes der Turiseder eintauchen. Hier findet auch jeder Erwachsene sein Kinderherz voller Lachen und Selbstvergessenheit wieder. Ein Ort für die Seele.
Auf einer Fläche von vielen Hektar kann man durch ein weiterverzweigtes Tunnelsystem kriechen (Kinder sind klar im Vorteil) oder durch Stahlröhren in luftiger Höhe, ein Zauberschloss erkunden, auf einem Pontoncafé auf der Neiße chillen, Vögel beobachten, eine Schlauchboottour machen, das Wasser an einer echten Quelle probieren, Pfauen schreien hören und so vieles, vieles mehr, dass es Bände füllt und Tage dauert. Die Abenteuerwelt erstreckt sich durch die Neißeaue bis weit nach Polen hinein.
„Ohne Strom will ich nicht leben“, hörte ich letztens eine 3jährige sagen nach einem zweistündigen Stromausfall. Zeit für die Kinder, es wieder zu lernen!
Wer sich von Euch noch daran erinnern kann, wie wunderbar man auch ohne einen Bildschirm spielen kann, der ist in der Geheimen Welt von Turisede richtig – auch um es den eigenen Kindern zu zeigen. Alles handgemacht, alles ohne Strom – mal von der Gastro, und ein bisschen Beleuchtung für lange Abende abgesehen – alles echt.
Wer will, kann sich sein Abendbrot an einer der Feuerstellen selber grillen. Die Riesen-Bottiche, die als Badewannen dienen, werden mit Holz geheizt. Und dank einer günstigen Fügung gibt es kein brauchbares Internet. Es ist also gar nicht erst nötig, die kleinen Nerverchen mitzunehmen und irgendwelche Kämpfe um deren Nutzung auszutragen. Voll entspannend für Eltern.
Dazu kann man hoch oben in den Wipfeln – acht Meter über dem Boden – bei einem Inselgeist in einem Baumhaus wohnen. Und das ist noch einmal ein so besonderes Erlebnis, dass diese Erfahrung auch mit Fotos wirklich schlecht einzufangen ist. Dabei ist jedes Baumhaus einzigartig und absolut individuell gestaltet. Ich versuchs hier mal für Bodelmutzens Geisterhaus:
Das Baumhaus erstreckt sich über vier Ebenen, die es durchschlängelnd zu erklettern gilt. Unten ein 2-Etagen-Bett und ein überdachter Außensitzplatz, dann ein innerhäusiger Sitzplatz glücklicherweise mit direktem Zugang zur verspiegelten Toilette, es folgt ein Doppelbett unterm Dach und wer ganz wendig ist, schafft es auf die Dachterrasse. Keine Ahnung, wie man sich sowas ausdenkt!
Das alles ist liebevoll ausgestattet mit zahllosen Details und vielen Fensterchen. Ein weiteres Highlight: Die Dusch-Toiletten Kombinationen. Die erreicht man einige Schritte über den Wipfelpfad, ein paar Bäume weiter. Da sitzt man dann auf dem Donnerbalken und schaut weit in die Neißeaue hinein. Mit jedem Duschen gießt man die Bäume, die die Konstruktion tragen. Das Wasser plätschert dabei fröhlich auf die Blätter unter einem.
Für kreative Menschen – wie das Team um Jürgen Bergmann– ist Zeit so etwas wie Hefe. Mit viel Zeit kann man richtig viele, richtig große Ideen-Blasen schlagen. Sieben lange Corona-Monate verbrachten die Turiseder abgeschlossen von der Außenwelt und verwandelten Stroh zu Gold oder vielmehr Langeweile in aufregende neue Bauprojekte.
So wurde das Turihallum fertig gestellt, ein Indoorspielplatz nicht nur für die kalte Jahreszeit, samt Theaterbühne, Geburtstagsfeierräumen und der geheimen Bibliothek: Ein Bücherlabyrinth, damit die Eltern gepflegt lesen können, während der Nachwuchs nun auch im Winter durch die Halle tobt.
Wer die Raumpionierstation besuchen kommt und sich von uns beraten lassen will, dem legen wir wärmstens einen kleinen Abstecher in die „Geheime Welt von Turisede“ ans Herz.
Oder Ihr macht es andersherum. Ihr fahrt zum Beispiel zum Folklorum – den turisedischen Festspielen immer am ersten Septemberwochenende – und kommt dann bei uns vorbei. Wir freuen uns auf Euch!
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