Raumpioniere – Nix Neues oder doch?
Raumpioniere – Nix Neues oder doch?
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Unser Raumpioniere Projekt beschäftigt sich mit Themen, die sich unter Überschriften wie „Binnenwanderung“, „Binnenmigration“ oder „Counterurbanisation“ oder „Wohnsitzverlagerung in den ländlichen Raum“ zusammenfassen lassen. Das alles sind wahrlich keine neue Themen, sondern vor allem unterschiedliche bzw. neue Begriffe, die ein altes und ganz menschliches Verhalten beschreiben. Der Begriff der „Raumpioniere“ ist noch vergleichsweise jung und beschreibt zum einen die Raumpioniere in der Stadt, die alten Räumen und Orten neues Leben einhauchen und analog die Raumpioniere auf dem Land, die den Freiraum in der „Pampa“ beleben. Während die einen Raumpioniere schon „in ihrer Stadt“ sind, müssen die anderen Raumpioniere erst die Stadt verlassen, um anderenorts loslegen zu können. Interessanterweise sind viele städtische Raumpioniere ursprünglich Zuzügler, also Migranten vom Land, siehe Berlin.

1. Einschub: Am Beispiel Berlin wird das Thema der städtischen Migrationsbewegungen sehr deutlich: Bis 2013 waren seit dem Mauerfall 2,9 Millionen Menschen zugezogen und 2,7 Millionen weggezogen – jede Minute findet ein Umzug statt! Quelle: Alle Zu- und Wegzüge gemäß amtlicher Bevölkerungsstatistik in Berlin von 1991, dem ersten durchgehenden gesamtdeutschen Jahr, bis 2013. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Potsdam, 2014

Die Gründe von A nach B zu ziehen sind vielfältig und haben sich über die Jahrtausende, Jahrhunderte und Jahrzehnte immer wieder geändert. Auch spielt eine Rolle, wo auf diesem Planeten eine Migration stattfindet. Warum wandern die Menschen durch‘s Land? Kriege, Naturkatastrophen, Armut, Arbeit, Bildung, Kultur, Unterhaltung, Erholung und so weiter und so fort… sind die Ausgangslagen und Triebkräfte der Migration. Die Migration ist oft verknüpft an ein Versprechen, an Hoffnungen und den möglichen Zugriff auf die postulierten oder vorhandenen Optionen zum Beispiel die der urbanen Zentren.

Und heute? Warum wandern Deutsche von Ost nach West oder von der Stadt auf‘s Land oder umgekehrt? Der Grund findet sich vor allem in der allseits und dabei bundes-, europa- und weltweit zu beobachtenden demografischen Entwicklung. In Deutschland und Europa bedeutet das: Wir werden älter und es werden weniger Kinder geboren. Hinzu kommt die weiterhin bestehende Migration von jungen Menschen in die urbanen Zentren und die Migration von Menschen aus den neuen Bundesländern in den Arbeit versprechenden Westen. Dadurch werden die Städte voller und der ländliche Raum leerer. So einfach ist das.

Den Zahlen der Statistiker folgend verlegen jährlich zwischen 3,5 und 4 Millionen Menschen innerhalb der Grenzen Deutschlands ihren Wohnsitz. Junge Menschen wandern in die Städte und junge Familien und Ältere ziehen aus den Städten in das städtische Umland oder in ländliche Gebiete.

Soweit zu den Begriffen & den Zahlen. Nun zu den Gedanken oder besser: den Gefühlen. Seit einigen Jahren lässt sich auf dem Printmedienmarkt beobachten, dass ständig neue „Land“-Publikationen hinzukommen. Spitzenreiter ist das Magazin Landlust mit einer Auflage von knapp über 1 Million. Da scheint also ein Bedürfnis erkannt und bedient zu werden. Tatsächlich zeigen Umfragen, dass viele Städter am liebsten raus wollen. Raus auf‘s Land, raus in die Natur, weg vom Lärm und vom Verkehr usw. – Zudem kämpft der Städter mit steigenden Mieten, grundsätzlich hohen Lebenshaltungskosten und eben der Enge und den mangelnden (vor allem grünen) Freiräumen… da haben die Menschen auf dem Land ganz andere Probleme oder besser: Themen & Aufgaben, die vorwiegend der demografischen Entwicklung und auch der „Randlage“ geschuldet sind.

2. Einschub: Denken Sie nun nicht, ich wolle hier nun „Stadt gegen Land“ ausspielen. Keineswegs, denn beides hat seine Berechtigung und ebenso tatsächliche wie relative Vor- und Nachteile. Der Idealfall ist aus meiner Sicht nicht das „entweder-oder“ sondern das „sowohl-als-auch“. Die zunehmende Digitalisierung der Welt, die sich verändernden Mobilitätskonzepte, die ortsunabhängigen Formen der Arbeit & Bildung, neue Wohnkonzepte und letztendlich die individuellen Lebensmodelle bergen in sich die Möglichkeit, in Zukunft sowohl in der Stadt als auch auf dem Land zu leben und zu arbeiten.

Zurück zum gefühlten Ausstieg oder Umzug, Einstieg, Zuzug etc.: Viele Menschen fühlen zwar, dass sie auf‘s Land und in die halbwegs erschlossene Pampa wollen, aber sie wissen dabei auch, dass ihnen die Hochglanzmagazine nur Träume vorgaukeln, die sich vor allem an einem dicken Portemonnaie festmachen. Hinzu kommt so etwas wie Schwellenangst oder anders gesagt die nicht beantwortete Frage, was denn der erste Schritt sei. Wie fängt man das an?

Auch das ist einfach: den Hintern hoch, ab ins Auto oder in ein öffentliches Verkehrsmittel und dann geht’s auf Tagestour in eine Region der Wahl. Ab Berlin hat der Suchende die große Wahl, egal in welche Richtung es gehen soll. Ich zumindest lotse Sie in die Oberlausitz nach Görlitz im gleichnamigen Landkreis. Weiter geht es im nächsten Blog Beitrag: Görlitz ist eigentlich ein Stadtteil von Berlin

5 comments

  • Max sagt:

    Sehr gelungene Seite und schlaue Gedanken! LG, Max

  • Bettina Kirschner sagt:

    Das erwähnte Magazin „Landlust“ ist es, dass mich auf diese Home Page führte. Ich war neugierig, was sich dahinter verbirgt und positiv angetan, darüber, was ich erfahren habe. Im Jahre 2001 (45 J.) verließ ich mit meinem damals 11 jährigen Sohn die Niederlausitz und begab mich nach Schleswig-Holstein. Mein älterer Sohn lebte seit 1998 schon in Hamburg. Ein Jobangebot nahm ich an, weil ich in dieser Branche mit meinen Ex-Partner selbständig war und mich verliebt hatte. Seit ca.5 Jahren weiß ich, dass es nicht mehr passt….(die Branche ist eine, die mit am meisten Resourcen verschwendet) und trage einen inneren Konflikt aus. „Anders Leben“ kann ich dann im Urlaub beim „wwoofen“ (seit 4 Jahren). Natürlich ist das nicht viel, da ich mit Partner und Enkeln auch Urlaubszeit verbringen möchte. Jedoch weiß ich nun: wenn ich in 2 Jahren Rentnerin bin, geht es in’s Ländliche …habe mich in das schöne Meck-Pomm verguckt…meinen Partner (geb.Kieler) habe ich durch dortige Urlaube schon überzeugt. Mein Wunschtraum: Mehrgenerationen-Hof…..ich kümmere mich um die Kinder, Garten, Tiere. Eine Option wäre sicher, in die alte Heimat zurück zukehren….wo ich nun von diesen tollen Projekten weiß und mich darüber freue. Vor 5 Jahren sind meine Eltern hierher gezogen, um in unserer Nähe zu sein (83 u.84 J.) da bin ich näher dran. Eine Frage: es geht in den Beiträgen meist um junge Leute, Familien, die sich neu orientieren wollen….gibt es Erkenntnisse, dass auch Menschen meiner Generation den Neuanfang in der ländlichen Oberlausitz wagen und dort auch gebraucht werden ?
    Herzliche Grüße Bettina Kirschner
    PS: Wollen in diesem Jahr eine Reise durch die alte Heimat machen und dann auch Görlitz besuchen. Ehemalige Kunden sind vor ca. 6 Jahren dorthin gezogen. So wie wir während der Urlaube in Meck-Pomm schon vielen Menschen aus den alten BL begegnet sind.

    • Liebe Frau Kirschner, der letzte Kommentar von Jan Hufenbach hing ewig unerkannt in der Genehmigungsschleife, deshalb erscheint er erst jetzt. Zu Ihrer Frage: Ja, es haben sich schon einige ihrer Generation bei uns gemeldet. Ich glaube, weil der Fokus auf Arbeit und Karriere nicht mehr so stark ist.
      Wenn Sie bei uns in der Gegend sind, kommen Sie doch gern vorbei, dann können wir Ihnen mehr erzählen…

      herzliche Grüße aus dem Neißetal, Arielle Kohlschmidt

  • Liebe Frau Kirschner – Rufen Sie uns doch gerne an! Es gibt so viel zu erzählen! Beste Grüße nach Schleswig-Holstein von einem gebürtigen Flensburger der in der Oberlausitz gelandet ist 🙂 T (035775) 41664 – Jan Hufenbach

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